Tägliches Manna für Pilger durch die Wüste, von G.D.Krummacher

 

 

1. Januar

 

Wir müssen alle offenbar werden vor dem Richterstuhl Christi, auf daß ein Jeglicher empfange,

nachdem er gehandelt hat bei Leibes Leben, es sei gut oder böse.

2. Kor. 5,10

 

Wie kurz unser Leben ist, so wichtig ist es. Es ist die Aussaat für jene Welt.

Hier sät man und ist immer am Säen, dort erntet man. Unser Schicksal in

derselben, was entweder schrecklich oder höchst selig, in beiden Fällen ewig

ist, hängt lediglich davon ab, wie wir unsere kurze Lebens- und Gnadenzeit

verwendet haben. Nachholen lässt sich da nichts mehr, nachbessern eben so

wenig. Anseh’n, worin wir hier standen, gilt da nichts mehr. Aber wie

beschließen die Meisten ihre Reise? - So daß man ihnen das Herannahen

ihres Endes zu verheimlichen sucht. –  Es kommt doch. – Bisweilen wird

ihnen herzlich, bisweilen zum Schein, oft gar nicht nachgeweint. Man begräbt

sie. Man unterhält sich nach dem Begräbnis munter über vorkommende

Gegenstände. Wenn was da ist, teilen sich die Erben drein, und des

Verstorbenen wird vergessen. Es dauert nicht lange, so ist er wie niemals da

gewesen, und wird wenig oder gar nicht vermisst. Das ist es denn; das war

sonst der Mühe wert! So gings auch mit dem reichen Mann und dem armen

Lazarus. Sie starben beide, und wurden begraben. Jesus zieht aber da, wo

unser Nachsehen vorbei ist, den Vorhang weg und lässt uns den reichen

Mann in der bittersten Armut in der Hölle, in der Qual, in den Flammen

erblicken, den Lazarus aber in Überfluss, Freude und Ehre. Jener wünscht

seine Brüder bewahrt zu sehen, für die aber kein Rat ist. Wenn sie die Schrift

nicht hören wollen. – Da haben wir's also. – Schreckliche Reise, die einen

solchen Ausgang nimmt, wie jene vergnügliche Art zu reisen! Herrliche Reise,

die zu Lazarus Ziele führt! möchte es während derselben auch noch so

erbärmlich hergehen. Richtet euch denn darnach. Wer nach Osten reiset,

kann nicht nach Süden kommen. Wer das gute Ziel will, muss auch den

guten Weg einschlagen. Meine nur Niemand, das Ziel sei einerlei, wie

verschieden auch die Wege; er irrt gefährlich.

 

 

So schnell ich Land und Sand verlass‘,

So schnell läuft meines Lebens Glas,

Und was vorbei ist, kommt nicht wieder;

Ich eile zu der Ewigkeit,

Herr Jesu, mach mich nur bereit,

Eröffne meine Augenlider,

Daß ich, was zeitlich ist, veracht'

Und nur nach dem, was ewig, tracht‘.

 

 

 

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